Kontinuierlich wachsende Qualitätsanforderungen führen zu höheren Baukosten und steigenden Mieten. In dieser Kostenspirale ist das Genossenschaftsmodell aktueller denn je.
Als selbstständiger Architekt beobachte ich das Baugeschehen bereits seit Langem aus nächster Nähe. Immer war wirtschaftliches Bauen eine Grundforderung unserer Auftraggeber. So weit, so bekannt. Und doch gibt es ein Phänomen, das aus meiner Sicht eine der Hauptursachen für die Kostensteigerung im Bauwesen allgemein und im Wohnungsbau im Speziellen ist.
Immer mehr Wohnqualität
Wenn ich so zurückschaue, haben sich in jedem Jahr Normen, rechtliche Vorgaben und Qualitätsanforderungen geändert, sodass das Architektenleben ein einziger Anpassungsprozess war. Was gestern noch selbstverständlich war, wird heute infrage gestellt und morgen verboten. Nun ist beileibe nicht jede Vorgabe schlecht. Im Gegenteil. Denken wir nur an den zunehmenden Fokus auf barrierefreies und behindertengerechtes Bauen, durch die selbstbestimmtes Wohnen bis ins hohe Alter erst möglich ist. Oder auch die verbesserten energetischen Standards, die trotz Mehrkosten den Nutzern nicht nur niedrige Heizkosten bescheren, sondern insbesondere einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Aber: Mit all den Vorgaben und Berechnungen sehen die Baupläne eher aus, als wären sie für einen Maschinenbau-Ingenieur bestimmt, anstatt für einen Maurer.
Privatisierung im Wohnungsbau
Zu dieser qualitätsgetriebenen Baukostensteigerung kommt jedoch noch ein entscheidender Kostentreiber hinzu: Durch die verfehlte Wohnungspolitik der vergangenen Jahrzehnte wurde bezahlbarer staatlicher Wohnraum privatisiert. Dadurch wurden viel zu wenige Wohnungen gebaut und das Verhältnis von Angebot und Nachfrage geriet komplett aus dem Gleichgewicht. Diese ungesunde Marktsituation ist Wasser auf die Mühlen gewinnorientierter Vermieter, die Mieten steigen rasant. Die Politik hat diese Entwicklung zu spät gesehen und versucht nun, mit „stumpfem Schwert" das Schlimmste zu verhindern.
Genossenschaft bleibt fair
Allein das Genossenschaftswesen steht in dieser vielschichtigen Gemengelage wie ein Fels in der Brandung. Den höheren Qualitätsanforderungen und daraus entstehenden höheren Kosten können wir nur bedingt durch einfachere und intelligente Konzepte begegnen. Den Qualitätsgewinn selbst wollen wir für unsere Mieter natürlich verwirklichen. Die weiteren Kostentreiber jedoch können wir entschärfen. Denn in unserem Genossenschaftsmodell gibt es kein Gewinnstreben durch Vermieter und Spekulanten. Niemand nutzt die schwierige Marktlage aus, denn wir bauen unsere Wohnungen selbst. Und da wir als Genossenschaft den Nachhaltigkeitsgedanken naturgemäß über Generationen hinweg pflegen, hat Kostensteigerung aufgrund kurzfristiger Entscheidungen keine Chance. Diese allgemeine Kostensteigerung in Verbindung mit dem Faktor Zeit macht es nämlich, dass teurer Wohnraum von heute preiswerter Wohnraum von morgen sein wird, unterstellt man, dass das Lohnniveau mit der allgemeinen Kostensteigerung mitwächst. Das sollte heute – trotz Kostensteigerung – auch das größte Argument dafür sein, dass wir bei spar+bau nach wie vor und im Augenblick sogar verstärkt in Neubauten investieren. Und daran möchte ich gern auch in Zukunft als Architekt im Aufsichtsrat tatkräftig mitwirken.